Frauke Angel hat ein „Survival-Buch für Trennungskids“ geschrieben. Sie ist eine richtige Expertin für Kinder, deren Eltern sich trennen oder getrennt haben. Frauke kennt das nämlich. Sie ist selbst ein Scheidungskind und lebt vom Vater ihrer Kinder getrennt. Außerdem hat Frauke sich schon mit ganz vielen Kindern über Trennungen und ihre Gefühle unterhalten.

Auf dieser Seite findest du neun tolle Tipps von Frauke. Vielleicht helfen sie dir, dich nach oder während einer Trennung deiner Eltern zu orientieren. 

Du bist nicht allein und du musst es auch nicht bleiben.

Deine Eltern haben sich getrennt oder sind gerade dabei es zu tun? Dann mach dir das hier klar: Du bist eines von über 120.000 minderjährigen Trennungskindern in Deutschland, denen es jedes Jahr so geht wie dir! Allein in deiner Klasse dürften inzwischen fast ein Drittel Trennungs- oder Scheidungskinder sitzen. Ihr seid also keine kleine Randgruppe. Ihr seid viele! Und werdet immer mehr! Wusstest du das? Wahrscheinlich nicht. Oder es hat dich bisher nicht interessiert. Das könnte sich jetzt ändern. Vielleicht ist in deiner Klasse jemand dabei, mit dem du dich austauschen möchtest? Denn Reden hilft, die eigenen Gedanken und Gefühle zu sortieren. Manchmal tut es aber auch einfach nur gut, sich bei jemanden auszuweinen oder mal richtig auszukotzen. 

Du bist nicht Schuld an der Trennung deiner Eltern, aber du kannst sie auch nicht verhindern.

Viele Kinder glauben, sie seien der Grund für die Trennung ihrer Eltern. Oder sie könnten die Trennung zumindest verhindern bzw. rückgängig machen. Beide Annahmen sind falsch! Du bist nicht der Grund. Und: du kannst die Trennung nicht verhindern! Egal wie „lieb“ du bist, ob du dein Zimmer aufräumst, dich in der Schule besonders anstrengst, egal, es wird keinen Einfluss auf die Entscheidung deiner Eltern haben. Also wirf deine Energie, die du jetzt dringend für dich selbst brauchst, nicht zum Fenster raus. Konzentriere dich lieber auf dich. Überlege, was du jetzt brauchst, was dir jetzt gut tut!

Nur wer versteht, kann annehmen.

Den meisten Kindern fällt es leichter, die Trennung der Eltern zu akzeptieren, wenn sie den Grund dafür kennen. Viele Eltern dagegen wollen ihre Kinder mit der oft unschönen Wahrheit nicht belasten. Vergessen dabei aber, dass ihre Kinder meist sowieso schon sehr viel mitgekriegt haben. Und auch sonst keine Babys mehr sind. Selbstverständlich darfst du bei beiden Elternteilen nachfragen, was eigentlich passiert ist und zu ihrer Trennung geführt hat. Du darfst aber auch sagen, wenn es dir mit der Erklärungen reicht. Du musst dir nicht jedes gruselige Detail anhören!

Partner*innenliebe ist nicht dasselbe wie Elternliebe.

Wenn die Trennung, und das ist in den meisten Fällen so, nicht von beiden Seiten gewünscht war, rechne damit, dass dir Verletzungen oder Vorwürfe von einem gegen das andere Elternteil begegnen. Doch auch die haben nichts mit dir zu tun! Deine Eltern können dich beide sehr wohl lieb haben, sich gegenseitig aber nicht mehr. Manchmal fällt es ihnen in der Trennungssituation schwer, dir ihre Liebe zu zeigen. Vielleicht kannst du ihnen ein wenig Zeit lassen. Denn oft sind sie gerade sehr mit sich selbst und ihren überschäumenden Gefühlen beschäftigt. Trotzdem hast du auch hier das Recht zu sagen, wenn du z.B. gegenseitige Beschimpfungen nicht hören willst! Und natürlich auch, wenn du jetzt dringend eine Umarmung brauchst!

Vom Liebespartner kann man sich scheiden lassen, vom Kind nicht.

Deine Eltern werden immer deine Eltern bleiben. Und die meisten wollen das auch nach der Trennung sein. Aber selbst wenn sie es nicht wollen: Sie bleiben deine Eltern. Vom Elternsein kann man sich nicht scheiden lassen. Und Eltern haben Pflichten. Kinder dagegen haben vor allem Rechte. Das gilt auch und insbesondere für Trennungskinder. Es steht sogar im Gesetz. Ihr habt ein Mitspracherecht, aber vor allem das Recht euch beraten zu lassen, wenn es um Entscheidungen geht, die eure Zukunft betreffen. Nur wissen das viele Kindern nicht. Alle Entscheidungen, die Eltern während oder nach der Trennung treffen, sollen laut Gesetz zum Wohl der gemeinsamen Kinder gefällt werden. Du hast also das Recht dazu deine Meinung zu sagen. Und du hast das Recht gehört zu werden. Vor deinen Eltern, vor Gericht, vor Mediatoren, vor Therapeut*innen, vor Familienberater*innen, überall! Und nicht nur einmal. Denn für euch alle ist die Situation neu und Entscheidungen müssen manchmal nachgebessert werden, weil sie sich zwar theoretisch gut anhören, aber praktisch nicht gut anfühlen oder nicht gut durchführen lassen. Du hast zu jeder Zeit, z.B. auch lange nach einer Scheidung, das Recht, Dinge zu verändern, sodass sie sich besser für dich anfühlen. Überhaupt das Recht …

Kenne deine Rechte!

Wusstest du, dass du das Recht auf eine liebevolle, gewaltfreie Erziehung hast? Wusstest du, dass es verboten ist, seine Kinder zu schlagen oder zu misshandeln, auch mit Worten oder Nichtbeachtung? Wusstest du, dass du ein Recht auf Nahrung, Kleidung, Bildung, Wohnen hast? Wusstest du, dass du ein Recht darauf hast, beide Elternteile zu sehen? Du hast auch das Recht auf den Kontakt zu all deinen anderen Verwandten, egal bei welchem Elternteil du nach der Trennung (hauptsächlich) lebst. Aber wusstest du auch, dass du nicht dazu gezwungen werden kannst, ein Elternteil zu treffen? Wusstest du, dass dann nicht die Polizei kommen und dich abholen wird? Wusstest du, dass du dann nicht in ein Kinderheim kommst? Wusstest du, dass Erwachsene manchmal auch richtig dummes Zeug reden? Wusstest du, oder?

Du bist das Kind deiner Eltern, mehr nicht. Das reicht nämlich.

Am schwierigsten ist es für Trennungskinder, wenn die Eltern im Streit auseinandergehen und längere Zeit kaum oder gar nicht mehr miteinander reden können oder wollen. Hier verwechseln einige Eltern dann plötzlich ihr Kind mit einem erwachsenen Freund*in und reden mit oder vor dem Kind über Dinge, die dich eigentlich nichts angehen und die du vielleicht gar nicht hören willst. Dann sprich es mutig aus! Du bist nicht die Post und auch nicht der Bote. Du musst Papa oder Mama keine Nachrichten überbringen, du musst auch keine Fragen zu ihren neuen Partner*innen oder ihren Arbeitsstellen beantworten, du musst gar nichts. Aber du kannst. Vorschlagen z.B., dass ihr auf euren Handys einen gemeinsamen Chat einrichtet und auch einen digitalen Kalender, auf den alle Zugriff haben. So sind alle gleich gut informiert, bei Terminen kann sich niemand rausreden und du musst nicht alles doppelt erzählen, wenn du zwischen zwei Elternteilen wechselst. Dass du im Chat mit von der Partie bist, hat außerdem den Vorteil, dass der Umgangston zwischen deinen Eltern meistens freundlich bleibt.

Gib dir Raum und Zeit für deine Gefühle!

Manche Kinder haben die Trennung der Eltern bereits erahnt. Einige wünschen sie sich sogar sehnlichst. Besonders dann, wenn vorher Streit oder sogar Gewalt im Zusammensein eine Rolle spielte. Die meisten Kinder sind jedoch trotzdem überrascht und finden sich urplötzlich in der berühmten Gefühlsachterbahn wieder, wo nach der Bekanntgabe der Trennung deiner Eltern zunächst Schmerz, Wut und Traurigkeit deine Strecke beherrschen. Das ist vollkommen normal und kann locker Wochen, Monate oder auch ein halbes Jahr ganz schön turbulent abgehen, bevor es endlich ruhiger wird und so etwas wie Erleichterung bei dir einsetzt. Danach folgt in der Regel der Mut und der Stolz, dass du die Fahrt bis hierher überlebt hast. Manchmal kommt jetzt bei dem Gedanken an deine Zukunft sogar Freude auf. Und wenn du dann schließlich mit deinen Eltern in klaren Verhältnissen angekommen bist und bestenfalls gemerkt hast, dass du trotz ihrer Trennung keinen von beiden verloren hast, dann fühlst du auch wieder Liebe und Vertrauen.

Natürlich fahren nicht alle Kinder genau dieselbe Gefühlsachterbahn in genau derselben Zeit. Manche von euch kommen schneller ans Ziel, manche lassen bestimmte Gefühle aus, manche fahren wieder und wieder Loopings bis sie plötzlich anhalten und aussteigen können. Denn keine eurer Geschichten ist genau gleich. Kein Mensch ist gleich. Keine Trennung ist gleich.

Doch beim Start in diesen neuen Lebensabschnitt fühlt ihr meistens genau dasselbe. Nämlich Angst. Die Angst vor der Veränderung. Die Frage: Wie wird es jetzt für mich weitergehen, beschäftigt dich. Das ist nicht egoistisch. Das ist absolut normal! (Und an dieser Stelle verrate ich dir: Dieselbe Scheiß-Angst haben deine Eltern wahrscheinlich auch, sogar dann, wenn sie die Trennung wünschten.) Und ja, es wird eine Zeit dauern, bis du, bis ihr alle im neuen Leben, im neuen Familienmodell angekommen seid. Aber eines ist garantiert: Du wirst ankommen! Dazu gibt es jede Menge Untersuchungen, die besagen, dass Trennungskinder spätestens nach 6 bis 12 Monaten die Kurve auf der Gefühlsachterbahn kriegen und unbeschadet bis glücklich aussteigen können.

Hol dir Hilfe!

Wenn du jedoch merkst, dass du aus der Gefühlsachterbahn nicht von alleine aussteigen kannst, oder dass du auch nach langer Zeit wieder und wieder wackelig auf den Beinen bist, dann hol dir unbedingt Hilfe! Jeder Mensch reagiert anders auf Gefühlsstress. Manche machen ins Bett. Andere können sich in der Schule nicht mehr konzentrieren. Haben Schlafprobleme. Oder möchten ständig alles kurz und kleinhauen. Alles Zusammenbrüllen. Oder gar nichts mehr sagen. Oder nichts mehr essen. Oder ständig heulen. Also bitte: Frag nach einem Taschentuch. Nein, nach einem Sack voll Taschentücher!

Dafür musst du dich nicht schämen. Im Gegenteil! Wer so mutig ist und nach Hilfe fragt, hat schon gewonnen! Es gibt außerdem so viele kostenlose Hilfsangebote, die dir zur Verfügung stehen. Da kannst du auch verschiedene testen, ohne dass deine Eltern davon wissen müssen. Vielleicht willst du einfach mal jemandem am Telefon oder im Chat dein Herz ausschütten? Vielleicht hast du ein konkretes Problem mit einem oder beiden Elternteilen? Vielleicht brauchst du jemanden, der vor deinen Eltern oder vor Gericht für dich spricht, weil du dich nicht mutig genug dafür fühlst? Für all das und noch viele andere Situationen gibt es Profis, die dir umsonst und anonym, also ohne, dass du deinen Namen sagen musst, helfen können. Also trau dich!

Und denke immer daran:
Du bist nicht allein! Wir sind viele!

Und das ist Fraukes Buch

In „Vorsicht, frisch geschieden! Ein Survival-Buch für Trennungskinder“ kannst du auf über 130 Seiten nachlesen, was Kinder über die Trennung oder Scheidung ihrer Eltern zu berichten wissen und wie sie durch diese Zeit gekommen sind.

Im Anhang findest du außerdem nützliche Kontakte, an die du dich wenden kannst. Und ganz zum Schluss geben die Kinder, die schon im Buch zu Wort kommen, Tipps an Kinder, die sich gerade in einer ähnlichen Situation befinden. 

Vorsicht, frisch geschieden!
Ein Survival-Buch für Trennungskinder
von Frauke Angel (Autorin) und Meike Töpperwien (Illustration)


144 Seiten, gebunden
ISBN: 978-3-95470-278-7
EUR 20,00 [D] · EUR 20,60 [A]

Die schlechte Nachricht ist: Deine Eltern trennen sich. Die gute Nachricht: Du bist nicht allein!

Die Mädchen und Jungen vom Club der geschiedenen Leute in diesem Buch haben die gleichen Ängste und Sorgen. Ehrenmitglied Frauke Angel begleitet euch – von der Hochzeit eurer Eltern über die mögliche Scheidung bis zur Zeit danach. Dabei beantwortet sie alle Fragen, die euch unter den Nägeln brennen, erklärt euch eure Rechte, zeigt, wo ihr Hilfe bekommt, und macht Mut für euren Start in den neuen Lebensabschnitt.