Ich muss jetzt Mutter sein, ok?

Mutterschaft als das Schönste und gleichzeitig Härteste zu bezeichnen, ist an Ambivalenz nicht zu überbieten. Sich mit diesem Spannungszustand einverstanden zu erklären aber, kann einen über manche Phase demütigender Überlastung hinweg tragen. Denn die Anerkennung dieser Gegensätzlichkeit erleichtert uns, sich im jeweiligen Moment ihres Gegenteils bewusst zu sein. Und das sage ich, obwohl ich „Schönstes“ und „Härtestes“ für klares Overstatement halte, das auch nur halb so drastisch ausgedrückt, schon richtig genug wäre. 

Ich weiß, was schön ist. Schön ist komfortabel, sorgenfrei und behaglich. Ein Vollbad mit Lavendel. Ein Blumenstrauß. Schön stört nicht beim Bügeln. Das ist auch der Grund, warum ich dieser paradoxen Behauptung erstmal sauertöpfisch begegne. Denn Mutterschaft stört beim Bügeln! Sie ist nicht komfortabel, sorgenfrei und behaglich. Hier drückt der Schuh, und das soll wohl auch so sein. 

Denn schön soll bitte schön sein und nicht hart, denn wenn es hart ist, ist es nicht schön. Das sage ich hier einfach so. Ich möchte keine Ambivalenz im Schönen. Schön bitte schön. Ich bitte darum. Wenn etwas schön, aber auch hart ist, dann ist es doch eher „ok“ – oder nicht? Und würden wir hier von einem Job sprechen, würden wir ihn wahrscheinlich bald gerne kündigen. 

Mutterschaft ist ok und sie ist unkündbar. Und natürlich hat sie ihre schönen Seiten – so lässt es sich doch sagen. Und wahrscheinlich könnte ich das Schöne in ihr viel mehr zulassen, wenn es nicht immer gleich das Schönste sein müsste. Und wenn ich ihr die Härte zugestehen würde, die ja nicht immer gleich das Härteste sein muss. 

Es ist wahrscheinlich eine gute Idee, diese beiden Gefühle aus dem Gewahrsam zu befreien. Und es ist wahrscheinlich eine gute Idee, sich dieser Zwiespältigkeit jeder Zeit bewusst zu sein. Denn dann verschmelzen diese beiden Teile irgendwo dort, wo das Leben eben ganz ok ist. Und ok ist ja immer mal schön und immer mal hart. 

Parteilichkeit in einem so diktatorischen Thema an den Tag zu legen, ist zwar gutes Recht, aber immer für jemanden die Unwahrheit, zuletzt sogar für sich selbst. Nur schön und nur hart ist es keinesfalls. Es gibt das eine wie das andere nicht ohne seine jeweilige Opposition. Wer anderes behauptet, sagt nun einfach nur die Hälfte. Sich auf der Hälfte zwischen schön und hart zu treffen, kann also eine Lösung sein. Eine Lösung, die aber vielleicht gar keiner braucht, außer mir. 

Schön und hart – das ist zum Anfreunden und Davonlaufen. Da kann man drüber reden, während im Kinderzimmer Rollenspiele ausgehandelt werden. Schönste und Härteste allerdings ist kompromisslos. Wenn ich gerade davon gesprochen habe, das ohnehin kaum Vereinbare zu „ok“ zu vereinen, dann befinden wir uns nun sprachlich am äußersten Rand des Darstellbaren. Mutterschaft ist hier offenbar der Scheitelpunkt. Der Höchstwert des Schönen und Harten. Gewaltsame Worte. Hinter dem Schönsten ist nämlich genau gar nichts. Es ist der rhetorische Grenzstreifen. Die Erwartungen an eine Mutterschaft können mit dieser Kategorisierung nur floppen. Und das Schönste floppt vor allem dann, wenn wir nur nebenher Mütter sind und uns hauptsächlich damit abmühen, einem kapitalistischen System die Milch warm zu halten. Dem Härtesten, wage ich hier mal vorsichtig auszusprechen, nähern wir uns allerdings in diesem leistungsorientierten System schon jetzt gefährlich. Oder sind längst dort angekommen, trauen uns aber nicht, das alleine so stehen zu lassen und fügen deswegen dem mutigen „Mutterschaft ist das Härteste“ in vorauseilendem Gehorsam „und das Schönste“ hinzu, weil man sonst ja meinen könnte, wir verfehlten hier ganz klar unseren emotionalen Auftrag: Mit der Mutterschaft einfach glücklich zu sein. Das ist aber nur ein Gedankenspiel und bestimmt reicht es erstmal völlig aus, den Worten die Kompromisslosigkeit zu nehmen und sich auf schön und hart und/ oder ok zu einigen. Der goldenen Mitte wegen.

Mit etwas mehr sprachlicher Feinfühligkeit und weniger Maßlosigkeit wäre Mutterschaft ausgesprochen hart und schön. Vielleicht tue ich ihr in diesem System damit auch sehr viel Unrecht und stülpe den Wunsch nach Mittelmaß über ein, aus dem Ruder gelaufenes Rollenbild, das irgendwie zu gar nichts mehr passt. Weder zur Glückseligkeit, noch der Verzweiflung. Es ist mein Wunsch nach ein bisschen Normalität, die sich ins Leben einpasst wie ein Fuß in einen Schuh, das wäre was. Irgendwo dort, in dieser süßen Utopie, wäre Mutterschaft dann einfach nur noch Subjektivität. Und spätestens dann bräuchte sie neue Worte, um sich selbst gerecht zu werden, aber bis dahin bleiben wir dabei: Ok. 

Svenja aka Tante Kante schrieb sich jahrelang die Mutterschaft von der Seele. Sprach in ihrem eigenen und anderen Podcasts darüber, inspirierte, kritisierte. Auch als sich die familiäre Situation änderte schrieb sie darüber. Sie bearbeitete unsere konventionellen Beziehungskonzepte und stellte Lebensentwürfe in Frage. Seit 2021 ist sie vom Vater ihrer Kinder getrennt und nahm sich erstmal Zeit für sich. „Die realistischsten Texte von getrennt Erziehenden sind die, die nicht geschrieben werden“, sagt sie. „Vor Erschöpfung. Vor Fuck.“ 

von Svenja aka Tante Kante