Was ist eigentlich das Gegenstück zur Solomutter?
Marc Steiling ist ein Jugendfreund unserer Gründerin Sara und er verfolgt die Entwicklung unserer Plattform bereits seit der ersten Stunde. Auch Marc lebt getrennt von der Mutter seiner Zwillingstöcher im Teeniealter. Wir haben ihn gebeten, einmal seine Sicht auf SOLOMÜTTER zu werfen. So viel sei verraten: Marc ist ein Fan von Mediationen und er appelliert daran, das eigene Ego ein wenig runterzufahren.
Ich bin ein Mann. 48 Jahre alt. Vollzeit berufstätig. Vater von zwei Kindern im Alter von 12 Jahren und lebe seit mehr als vier Jahren von der Mutter meiner Kinder getrennt. Geschieden sind wir noch nicht, aber dazu später mehr.
Unsere Trennung verlief vermutlich ähnlich wie viele andere, also nicht gerade entspannt und mit allem Pipapo: Streit, Wut, Enttäuschung, gekränktes Ego, gegenseitige Schuldzuweisungen, Ignoranz, Paartherapie, Auszug aus der gemeinsamen Wohnung – großes Drama eben.
Aber wir hatten auch eine Sache richtig gemacht: Wir entschlossen uns, eine Trennungs-Mediation in Anspruch zu nehmen. Denn eins war uns bei all der Scheiße wichtig: Die Kinder sollten so wenig wie möglich davon abbekommen. Wenigstens da waren wir uns einig. Und uns war auch klar, dass wir das alleine nicht hinbekommen würden.
Wer sich jetzt fragt, warum die Mediation, wenn man eh schon in der Paartherapie ist, dann ist das zwar berechtigt, aber für uns war die Paartherapie logischerweise mit der Trennung abgeschlossen. Und wir benötigten einen anderen Modus mit einer neutralen Person, die den emotionalen Ballast erstmal nicht kennen musste. Die Mediation verlief trotzdem alles andere als einfach. Denn selbst da begannen die alten Streitereien teilweise wieder von vorn. Nach der Trennung und meinem Auszug waren wir zwar räumlich auf Abstand, aber nicht emotional, denn die Paartherapie hatte zwar den Erfolg, dass wir uns trennten, aber nicht dazu geführt, dass wir unsere Beziehungsprobleme im Griff hatten. Am Ende brauchten wir circa sechs Sitzungen von jeweils einer Stunde Länge, um die grundlegenden Dinge zu besprechen und schriftlich zu regeln. Das lief so: Zuerst kamen alle Fakten rund um Finanzen, Wohnsituation, Kinderbetreuung und Familiensituation auf den Tisch. Dann durfte jeder seine Vorstellungen und Wünsche darlegen. Egal, ob realistisch oder nicht. Man braucht Verhandlungsmasse. In Schritt zwei traten wir nämlich in eine moderierte Verhandlung ein und hier zeigten sich die Skills einer guten Mediatorin oder eines guten Mediators (unsere war Anwältin für Familienrecht) – weil höchste Eskalationsstufe, die sensibel moderiert werden muss. Die Verhandlung war bei uns ein zähes Ringen um jeden noch so kleinen Punkt auf der angefertigten Liste und wurde am Ende für beide Seiten zu einem als Vertrag schriftlich festgehaltenen Kompromiss, der sich nicht durchweg gut anfühlte. Aber es ging schließlich nicht ums Gewinnen oder Verlieren, sondern immer nur um eine nachhaltige und faire Lösung, mit der beide leben konnten und von der die Kinder so unbelastet wie möglich blieben. Spätere Änderungen nicht ausgeschlossen, aber nur im gegenseitigen Einvernehmen. Auf die Details unserer Mediation möchte ich nicht weiter eingehen, aber so viel dazu: Die meisten Absprachen haben immer noch Bestand.
Wichtig zu wissen ist aber an dieser Stelle, dass wir das alle-zwei-Wochenenden-Kinder-beim-Vater-Modell haben. Das finde ich nicht toll, denn ich liebe meine Kinder sehr und es ist für mich nicht einfach, dass sie nicht jeden Tag bei mir sind. Aber das ist auch der Grund, warum ich diesen Artikel für Solomütter schreibe. Die Umstände müssen ganzheitlich betrachtet werden und nicht nur die eigene Sicht auf die Dinge.
Die Mutter meiner Kinder gilt nach unserer Regelung vor dem Gesetz als alleinerziehend, also als Solomutter. Die Auswirkungen auf das Elternsein sind vielfältig und noch vielfältiger für die Solomutter mit weniger gut bezahlten Teilzeitjob wie in unserem Fall. Vor allem beim Thema Geld. Ich muss gestehen, dass subjektiv betrachtet der Unterhalt, den ich zahlen muss, hoch ist, aber objektiv ist das System einfach unfair. Denn liebe Männer, ihr seid mitverantwortlich und müsst euch kümmern und zahlen, aber seid doch mal ehrlich: Ihr habt bei dem 80/20-Modell sehr viel mehr Freiheiten, könnt mehr arbeiten und somit gegebenenfalls deutlich mehr Geld verdienen. Der Alltag mit den Kindern und damit einhergehenden Kosten bleiben weitestgehend an der Mutter hängen. Und die kann im Zweifel nicht Vollzeit arbeiten, hat also finanzielle Einbußen, weniger Rente später und ist auf den Unterhalt angewiesen. Und mit angewiesen meine ich überlebenswichtig.
Die Möglichkeiten weiterer Förderungen durch den Staat sind erstens oft kompliziert und aufwendig, zweitens möchte davon vermutlich niemand abhängig zu sein. Und drittens darf das auch eigentlich nicht so sein, dass Alleinerziehende nicht alleine über die Runden kommen und ihnen das Leben unnötig schwer gemacht wird – sei es durch verantwortungslose Ex-Partner noch durch Behörden. Politisch läuft da so viel falsch, da möchte ich nicht näher drauf eingehen. Dafür gibt es ja zum Glück Initiativen wie Solomütter, die die Aufmerksamkeit auf die vielen Schwachstellen lenken und den Alleinerziehenden eine Stimme geben.
Aber warum schreibe ich als Mann für Solomütter?
Sicher nicht, um irgendetwas zu relativieren. Ganz im Gegenteil. Ich möchte von meinen ganz individuellen Erfahrungen als Ex-Mann einer Solomutter berichten und vielleicht die Ex-Partner, die sich winden, ein wenig motivieren, nicht nur an sich zu denken. Denn die Situation ist meist für die eine Seite schwieriger als für die andere. Und statistisch gesehen am häufigsten für die Mütter.
Ein 50/50 Modell oder gar mehr Betreuungszeit bei mir würde für uns beide so viel finanzielle Verluste bedeuten, dass es gar nicht funktionieren könnte. Und das hat leider viel mit einer veralteten Denke auf verschiedenen Eben zu tun, die sich dringend ändern muss. Aber weil das leider so ist, sollte man sich rechtzeitig klar machen, wie für beide Elternteile die Zeit nach einer Trennung aussieht. Wenn das nicht klappt, macht eine Mediation. Klar, das Ego muss runtergefahren werden, aber es ist am Ende für alle Beteiligten das Beste.
Heute können wir uns beide in die Augen schauen, friedlich Absprachen treffen, Familienfeste feiern und sogar die Scheidung gemeinsam in die Wege leiten, ohne teure Anwälte und neue Eskalationen.
Funfact: Auch dafür haben wir jetzt, vier Jahre später, wieder unsere Trennungs-Mediatorin engagiert.
Von Marc Steiling