Familie on Demand? Ohne uns.
Alleinerziehend mit einem kleinen Kind und Dating? Wie kann das zusammenpassen? Unsere Gründerin stellt nach mehreren Selbstversuchen fest: So einfach ist das gar nicht.
Ich bin alleinerziehend seit meine Tochter neun Monate alt ist. Wir haben eine große Wohnung, Garten, Hund und Katze. Ich arbeite in leitender Position und habe ein zeitintensives Ehrenamt. Zwei Jobs, die sich optimistisch als „mindestens vollzeitnah“ beschreiben lassen. Dazu kommt alles andere: Haus-, Garten- und Care-Arbeit, das Familienmanagement. Alles in allem bin ich damit zu 110 Prozent ausgelastet, wie fast alle alleinerziehenden Elternteile.
Aktuell klappt das recht gut und bin fast ein bisschen stolz darauf, meine kleine Familie alleine so gut am Laufen zu halten. Trotzdem ist da der Wunsch nach einem „Partner in Crime“, nach einer gut funktionierenden Partnerschaft – vielleicht sogar noch einmal die große Liebe treffen?
Lediglich rund 14 Prozent aller Alleinerziehenden sehen ihre aktuelle Situation als Wunschfamilienform an. 83 Prozent wünschen sich (wieder) eine Beziehung. Die Realität sagt jedoch, dass das nicht ganz einfach ist. Und die Statistiken ebenfalls: Zwei Drittel der Alleinerziehenden leben zwei Jahre nach einer Trennung noch alleine und acht Jahre später sind noch mehr als 40 Prozent ohne Partner:in. Bei Zweit-Ehen ist die Trennungsquote höher als bei Erst-Ehen.
Doch woher kommt das eigentlich? Fehlt es uns Alleinerziehenden an Kompromissbereitschaft? An Anpassungsfähigkeit? Oder an passenden Gelegenheiten?
Ich muss für mich feststellen: Mir fehlt es in erster Linie an Zeit.
Ich lerne immer mal wieder sehr nette Männer kennen und den ein oder anderen treffe ich mehrfach. Ich habe in den drei Jahren als Single Mom nicht wirklich weniger gedatet als in Zeiten ohne Kind. Aber deutlich seltener ergibt sich daraus ein ersthafter Beziehungsversuch, obwohl die ersten Monate alles meist gut zu funktionieren scheint.
Mit zunehmender Intensität wird es jedoch jedes Mal schwierig – ein sehr schmaler Grat.
Wie lerne ich jemanden erst einmal richtig kennen, ohne mein Kind zu involvieren? Und ist das überhaupt möglich? Ist es außerdem nicht wahnsinnig wichtig, dass ein potentieller neuer Partner oder eine Partnerin möglichst schnell auch mal die Kids kennenlernt? Denn was passiert, falls dieses Kennenlernen in die Hose geht? Dann ist ja an diesem Punkt sowieso alles ad hoc gescheitert: Wer mein Kind nicht mag oder umgekehrt, hat keine Chance.
Aber selbst wenn wir diese Herausforderung des Kennenlernens und der ersten Annährung gemeistert haben, kommt direkt die nächste Hürde: Zeit und Kapazitäten.
Hört sich unromantisch an? Ist es auch, sehr sogar.
Aber wie soll ich bei einer Auslastung von 110 Prozent auch noch Platz für ein:e neue:n Partner:in freischaufeln? In den ersten Monaten helfen Dopamin und eine Reihe weiterer Botenstoffe. Frisch Verliebte sind bekanntlich wie auf Drogen und kommen auch mit deutlich weniger Schlaf aus. Aber irgendwann normalisiert sich diese Ausnahmesituation und der Alltag kehrt zurück.
Ich habe Pflichten – ziemlich viele sogar. Und von morgens 7 Uhr bis abends spät eigentlich keine freie Minute. Wie passen also Dates oder romantische Treffen zusätzlich in diesen engen Zeitplan? Ich will ehrlich sein: Das hat sich mir persönlich noch nicht wirklich erschlossen.
Einmal hatte ich das Glück jemanden kennenzulernen, der sofort mit angefasst hat. Während ich mein Kind ins Bett brachte, hat er in Küche und Wohnzimmer klar Schiff gemacht. Dieser Typ war eine rühmliche Ausnahme und leider dann doch schneller wieder weg als gedacht.
Ansonsten war bei mir immer eher Mister „Family-on-Demand“ am Start.
Wisst ihr was ich meine? Mittelalter Ex-Ehemann, Kinder schon größer (ja ich bin späte Mutter und auch nicht mehr in den 30ern) und eigentlich bereit in vollen Zügen sein Single- und Wochenend-Daddy-Dasein zu genießen. Eine kleiner, behaglicher Familienanschluss wäre aber schon schön, scheinen diese Exemplare zu denken. Die meisten Kumpels seien ja auch irgendwie unter der Haube und Sonntagnachmittage müssten schließlich gefüllt werden.
An diesem Punkt kämen dann wir Single Moms ins Spiel: Immer, wenn Bedarf an Familienzeit besteht, ist in meinem Haushalt – zumindest theoretisch – eine Türe offen, denn ich bin ja mit kleinem Kind abends fast immer immer Zuhause.
Stehen aber Geschäftsreisen, Sporttermine oder Touren und Parties mit den Freunden an, dann wird gelebt und gehandelt wie ein Single. Absprachen? Warum? Das Kind sei doch schließlich meines und ein Anspruch auf geteilte Familien- oder Care-Arbeit sei dem aktuellen Status der Beziehung doch noch nicht wirklich angemessen. Er habe ja schließlich auch einen Haushalt, der zu pflegen sei und eigene Kinder, und er könne ja nichts für meine Lebenssituation.
Ob dieses Verhalten auch Rückschlüsse auf die letzte Beziehung und seinen heutigen Ex-Ehemann-Status hat?
Ich habe mich an diesem Punkt zumindest bislang immer entschlossen meinen Weg lieber alleine mit meiner Tochter – also ohne neuen Mann – weiterzugehen. Denn als Familie-on-Demand sehe ich uns nicht. Klar, mein Kind hat einen Vater, diese Rolle ist besetzt, aber wenn sich aus einer Partnerschaft eine neue ersthafte Beziehung entwickeln soll, dann möchten mein Kind und ich Familie sein – und zwar keine Familie zweiter Klasse. Dann müssen Care-Arbeit und Mental Load fair aufgeteilt werden. Und ich ich möchte Bedürfnissen haben dürfen, die gesehen werden. Genauso, wie es in einer, aus meiner subjektiven Sicht, ausgeglichenen Familienkonstellation auf Augenhöhe sein sollte.
Denn: Für alles andere habe ich einfach keine Zeit.
Unsere Gründerin hat nach dem Verfassen dieses Textes mit Marita Strubelt gesprochen – unserer Patchwork-Expertin. Sie wollte wissen: „Marita, wie war das denn eigentlich für dich, einen Mann mit Anhang zu daten?“ Auch Marita hat ihre Erfahrungen hier einmal für uns aufgeschrieben.
Von Sara Buschmann