Hallo Selbstmitleid
Die Hamburger Songwriterin Schwessi veröffentlicht am Muttertag ihre neue Single „Hallo Selbstmitleid“ als „Geschenk an alle Alleinerziehenden, aber eigentlich an alle Mütter“.
Schwessi ist eine Frau, die man stets voll positiver Energie und mit einem breiten Lächeln im Gesicht sieht. Über die vergangenen Jahre eroberte sich die Musikerin durch unermüdliche Arbeit und mit viel Kreativität ihren eigenen, festen Platz in der Szene, nachdem sie u.a. an Songs für Udo Lindenberg* mitschrieb.
Wir haben Schwessi ein bisschen ausgefragt und hinter die Produktion ihrer Single geblickt.
Schwessi, deine Single „Hallo Selbstmitleid“ ist eine Auskopplung aus deinem Debütalbum „Achtung Überlebensgefahr“. Ohne dir zu Nahe zu treten: Warum kommt dein erstes Album „so spät“?
Ich hatte ein sehr turbulentes Leben mit vielen ganz zauberhaften und auch schmerzhaften Erfahrungen, an denen ich krass gewachsen bin. Ich hab jetzt endlich den Mut gefasst, mich selbst künstlerisch auszudrücken – und zwar nicht nur hobbymässig, wie früher, sondern professionell, weil es mir wichtig ist, all diese Prozesse und Erkenntnisse mit vielen Menschen zu teilen, und mich darüber mit anderen Menschen zu verbinden … wenn das über ein so schönes Medium wie Musik gelingt, ist meine Mission geglückt!
Deine Single „Hallo Selbstmitleid“ handelt von einer Single Mom. Was erzählst Du in dem Song?
Ich gebe einen kleinen autobiografischen Einblick in den Alltagswahnsinn einer alleinerziehenden Mutter und wie ich zwischen dem Struggle, funktionieren zu müssen, keine Zeit zum Jammern zu haben und einem gesunden Maß an Abgrenzung, hin und her jongliere.
Der Song ist eine Hymne an die, die niemals abschalten können, niemals Feierabend haben – und sich niemals darüber beklagen dürfen. Und die sich schwer damit tun, auch mal „Stopp“ zu sagen und ein bisschen Liebe für sich selbst aufzuwenden.
In deinem Song heißt es: „Es geht mir gut, macht euch keine Sorgen, das Arschlecken-Institut verleiht mir ‘nen Orden, für Heldinnen wie uns ist Jammern Zeitverschwendung.“ Ist das so? Ist Jammern wirklich verlorene Zeit?
Ja, zuerst einmal – bis es eben nicht mehr „gut“ geht. Eine Erfahrung, die ich in Form eines handfesten Burnouts selbst machen musste. Beim Herauskämpfen aus dem tiefen Erschöpfungs-Loch half mir nicht zuletzt auch, meine Gedanken in Songs verarbeiten zu können. So wie e jetzt in „Hallo Selbstmitleid“.
Erzähl uns doch auch ein bisschen zum Video-(Dreh).
Das war eine große, lustige Party mit 20 Kindern und 15 Muddis. Es wurde mit hausgemachter Kacka und Kotze experimentiert und die Kinder hatten den Spaß ihres Lebens als Band auf der Bühne. Es war ein anstrengendes, kreatives Chaos, das wir wahrscheinlich nur deshalb bewältigen konnten, weil wir das alle aus unserem Alltag kennen. (Die Regisseurin Tini Lazar ist auch Mama von zwei kleinen Kindern). I call it „Muttitasking“.
Ist „Hallo Selbstmitleid“ autobiografisch? Was sind Parallelen zu deinem Leben?
Ja, alle meine Songs sind autobiografisch oder zumindest autobiografisch inspiriert. „Hallo Selbstmitleid“ gibt einen beispielhaften Einblick in den Mental Load, auch wenn es natürlich nur ein winziger Ausschnitt dessen ist, was wir als Muddis jeden Tag auf der Uhr haben. Wir wollen keine Opfer sein und geben unser Bestes, sind aber trotzdem Opfer der patriarchalen Strukturen.
Was ist deine Message an Alleinerziehende?
Holt euch Hilfe und Unterstützung, vernetzt euch, empört euch, wehrt euch, bildet Banden und macht das sichtbar, was so oft nicht gesehen wird, damit wir gesellschaftspolitisch vielleicht irgendwann mal ein neues Level erreichen, was Gleichberechtigung und Lebensqualität von Familien und Zukunftschancen von Kindern betrifft. Wertschätzt eure eigenen Bedürfnisse und grenzt euch ab! Es ist kein Zeichen von Schwäche, sich Hilfe zu holen, wenn die Lebenssituation keine anderen Optionen offen hält als Selbstaufgabe oder Burnout.
Ich feier‘ euch alle!! Ihr seid die wahren Heldinnen unserer Zeit.
Danke, Schwessi. Alles Gute für das Album und die kommenden Gigs. Auf das viele Menschen den neuen Song hören und wir alle etwas mehr Aufmerksamkeit für die Herausforderungen Alleinerziehender bekommen!
Und hier noch ein Hinweis: Wer „Hallo Selbstmitleid“ live hören möchte, der kann das am 12. Mai in der Nochtwache in Hamburg tun. Weitere Termine gibt es hier.
*Udo sagt übrigens über Schwessis Musik: »Das ist so speziell, kaum zu beschreiben, total eigenes Ding. So ́n Spezialgesang, und Hammertexte mit ́ner klaren Kante. Yeah, geil!«
Von Sara Buschmann