Lasst Euch nicht verunsichern

Şebnem ist Juristin und arbeitet in der Rechtsstelle einer Verwaltung. Die 41-Jährige lebt — nach sechs Jahren in Istanbul — heute im Ruhrgebiet. Von Kamen aus startet sie mit ihrem siebenjährigen Sohn Mert regelmäßig in ferne Länder und sagt:

„Lasst euch von niemandem verunsichern. Bereist mit euren Kids die Welt!“

„Mama, wann können wir wieder mit dem Flugzeug verreisen?“ Diese Frage stellte mir mein 6-jähriger Sohn Mert, direkt nachdem wir im April 2021 von einem knapp 10-stündigen Rückflug aus der Dominikanischen Republik zurück in Deutschland waren. Kein Wunder, dass Mert das Fliegen und Reisen so sehr mag, denn das erste Mal, als er allein mit mir im Flugzeug saß und in den Urlaub flog, war er gerade 37 Tage alt. Damals lebten wir noch in Istanbul und sind sowohl beruflich als auch familiär bedingt viel zwischen der Türkei und Deutschland gependelt.

Schon als Baby war diese Form des Reisens mit Mert völlig unproblematisch. Ich denke, dass dies auch viel mit meiner eigenen Einstellung als Mutter zusammenhängt. Ich habe meinen Sohn damals bei jedem Start und jeder Landung gestillt – egal ob jemand fremdes neben mir saß. Ich habe ihm seine Lieblingslieder ins Ohr geflüstert und hab mit ihm aus dem Fenster geschaut. Als Mert dann größer wurde, bekam er vor jedem Flug ein neues Spielzeug, Sticker oder Malbücher, so dass er immer mit etwas Neuem beschäftigt war.

Ein großer Wunsch und Fragen über Fragen

Als Mert dann 5 war, entwickelte sich bei mir der Wunsch nach einer Fernreise. Relativ schnell war das Ziel klar. Es sollte im März 2020 nach Thailand gehen. „Aber Backpack-Traveling mit Kind, klappt das? Schaffe ich das ganz allein mit einem 5-jährigen?“. Eine komplett fremde Kultur, weit weg von zuhause. Innerhalb Europas fühle ich mich beim Reisen irgendwie „zuhause“ und „sicher“.

„Was ist, wenn ich in Thailand krank werde, wer passt auf Mert auf?“, „Wie ist das Gesundheitssystem dort?“, „Wie komme ich innerhalb Thailands mit Kind von einem Ort zum anderen und vor allem wie regele ich den Transport vom Airport?“, „Kann ich mir eine Handykarte mit Internet besorgen und wie ist es mit dem Empfang?“, „Wie organisiere ich die Unterkünfte, wenn wir relativ spontan bleiben wollen?“, „Was ist mit Ausflügen, kann man die allein mit Kind machen?“, „Welche Orte sind mit Kind besonders gut zu bereisen?“ Ich hatte Fragen über Fragen.

Nicht auf die Zweifel anderer hören

Die ersten Kommentare von außerhalb, wie „Bist du denn wahnsinnig, allein mit Kind so weit weg zu fahren und dann auch noch ohne eine gebuchte Reiseleitung!“ riefen bei mir statt Verunsicherung genau das Gegenteil hervor.

„Ich bin eine starke, selbstbewusste Mama, die das packt. Und wir wollen diese Reise!“ Ich fing also an, nach anderen alleinreisenden Mamas in den Sozialen Medien zu suchen und lernte Jenny von „zweiumdiewelt“ kennen. Sie war zu dem Zeitpunkt bereits mit ihrer kleinen Tochter in Thailand, hatte aber auch schon andere Länder mit ihr allein bereist. In einem einzigen Gespräch wurden all meine Fragen beantwortet und meine Motivation, diese Reise allein mit Mert durch Thailand zu machen stieg nach diesem Gespräch extrem.

Vieles lässt sich vorab organisieren

Also fing ich an, eine Route zu erarbeiten und mögliche Unterkünfte rauszusuchen. Die Flüge gingen von Düsseldorf über Istanbul nach Phuket und von dort sollte es als erstes ins Landesinnere, nach Khao Sok, in den Nationalpark gehen. Ich schloss eine Reisekrankenversicherung ab, die eine Betreuung meines Kindes sicherstellte, sofern ich erkranken sollte. In einem solchen Fall hätte ich auch die Möglichkeit gehabt, jemanden einfliegen zu lassen, der sich um Mert kümmert. Ich beantragte zur Sicherheit noch eine zweite Kreditkarte und holte mir die Einverständniserklärung des Vaters zum Reisen. Für mich waren die Themen Krankenversicherung und Geld sehr wichtig und gaben mir einfach Sicherheit.

Und dann, kurz vor unserem Abflug, fing der Pandemie-Wahnsinn an, Messen wurden abgesagt, Länder schlossen ihre Grenzen und es wurde über einen Lockdown in Deutschland gemunkelt. Mir war relativ schnell klar „Du lässt dich nicht davon abhalten und fliegst!“. Dass wir eventuell in Thailand oder bei unserem Zwischenstopp in Istanbul steckenbleiben könnten war mir bewusst.

Corona verändert auch die Reisewelt – Bleiben oder gehen?

Während Mert und ich in Thailand umher reisten verschlimmerte sich die Lage in Deutschland immer mehr. Und kurz vor unserem Rückflug war dann auch klar, dass es einen Lockdown geben würde. Ich war hin und hergerissen, unseren Aufenthalt zu verlängern, als unser Rückflug dann tatsächlich storniert wurde. Erst da wurde mir bewusst, „Okay, entweder fliegst du jetzt sofort zurück und erlebst die Pandemie zuhause oder du bleibst bis zu einer ungewissen Zeit hier, weil es keinen Rückflug mehr geben wird.“

Mein Bruder rief als erster aus Deutschland und bot mir finanzielle Unterstützung an, falls ich doch in Thailand bleiben würde. Meine Tante versuchte mich zu überreden, mir eine Wohnung in Thailand zu mieten und von dort im Home-Office zu arbeiten. Hätte ich damals absehen können, für wie lange ich in Thailand „festgesteckt“ hätte, hätte ich es vielleicht sogar gemacht. Doch es war ja unsere erste Fernreise, mir fehlte die Erfahrung.

Zwar hatte ich selbst keine Angst, dass wir an Covid schwer erkranken könnten, aber was wäre, wenn unserer Familie in Deutschland etwas passiert und wir so weit weg sind und nicht zurück können. Nach ein paar Telefonaten und Flugverschiebungen waren wir dann, nur einen Tag später als geplant, wieder zurück in Deutschland und mittendrin im Lockdown.

Diese Fernreise war in jeder Hinsicht ein Gewinn

Im Nachhinein kann ich sagen, dass diese erste Fernreise, allein mit meinem Sohn durch Thailand – trotz der Rückflugprobleme – für uns als Einzelne, aber auch für unsere Mutter-Kind-Beziehung fördernd in jeglicher Hinsicht war.

Jeder Mama, die dieses Reisefieber in sich spürt, kann ich nur raten: „Zieht euer Ding durch und lasst euch von niemandem verunsichern. Bereist mit euren Kids die Welt!“

Folgt Şebnem und Mert auf ihren Reisen via Instagram. Vielleicht wird ja dadurch auch Eure Abenteuerlust geweckt?!

Von Sara Buschmann