Die Patchworkfamilie aus Sicht einer Mutter und Bonusmutter

Ich bin Antonia, Mutter von zwei Kindern (6 und 9) und seit gut dreieinhalb Jahren Partnerin eines Papas mit zwei Kindern.

Patchwork. Wie schreibt man über Erfahrungen zu diesem Thema? Während ich zwischen dem Home-Office-Küchen-Allzweck-Tisch und dem Herd, auf dem das Mittagessen fürs Schulkind brutzelt, hin- und herwechsel, starten meine Gedanken dazu: Patchwork. Patchwork Family.

Seit mehr als drei Jahren lebe ich diese Erfahrung. Drei Jahre, die mich mehr gelehrt und geprägt haben, als manch andere, viel längere Zeiträume zuvor. Und schon beginnt sie, die kleine Reise in meine ganz persönliche Erfahrung meiner eigenen persönlichen Patchwork-Bubble:

Dreieinhalb Jahre ist es her, dass wir uns in einem Indoor-Spielplatz trafen. Er und ich. Meine Kinder und seine. Wir wollten es ungezwungen starten. Spielerisch. Kindgerecht eben. Unsere Jungs fast im selben Alter verstanden sich relativ schnell wirklich gut. „Was für ein Geschenk!“ dachte ich damals ebenso schnell und ziemlich leichtgläubig. Als könnte ein Familienmodell an einem Nachmittag im Indoor-Spielplatz geboren werden. Nein, Familie, das ist so viel mehr. Und Patchwork nochmal mehr.

Insgesamt vier Kinder, drei im fast selben Alter. Zwei Jungs, zwei Mädchen. Und ja, ein Riesengeschenk, dass sich alle vier vom ersten Moment an super verstanden. Aber vier Kinder und zwei Erwachsene, das sind sechs Seelen. Das ist sechsmal pure Emotion. Das ist sechsmal unterschiedlich mit Situationen umgehen.

Meine Kinder, die ihren eigenen Vater schon lange nicht mehr sahen, den Mann an Mamas Seite zwar mehr und mehr auf eine sehr schöne, freundschaftliche Art kennenlernten, akzeptierten und sich über den regelmäßigen Besuch von zwei Kindern freuten, aber eben auch vorgelebt bekamen, wie es sein kann, wenn Papas sich kümmern.

Seine Kinder, die zwar den Papa zuverlässig im Wochenendmodell sahen, eine Tatsache, die aber keineswegs die frische Trennung, ein enormes Vermissen und Schubweise einfach totale Überforderung wettmachen konnte.

Er, emotional in unserer neuen Beziehung gefestigt, aber sich sehr bewusst darüber, dass die Situation und immer wieder neue Trennung von seinen Kindern nach einem gemeinsamen Wochenende wohl nie Gewohnheit werden würde.

Und ich. 100% alleinerziehend und immer bemüht, dass es den eigenen Kindern an nichts fehlte. Ich, die ihre Kinder an jedem zweiten Wochenende mit einer Traurigkeit beobachtete, weil die beiden in unserem Modell nun stets einen Papa vorgelebt bekamen, den sie selbst nie haben würden. Ich, die plötzlich vor Kindern stand und um Akzeptanz zitterte. Wie macht man das an der Seite eines Mannes mit Kindern? Wie ist man eine Mutter für Kinder, die schon eine Mutter haben?

Dreieinhalb Jahre sind vergangen seit der ersten Begegnung im Indoor-Spielplatz. Ein Zeitraum in dem wir alles durchlebt haben: Völlige Ablehnung. Boykott. Wut. Trauer. Aggression. Und das Ganze mal sechs. Aber ebenso Freude, Lachen, wachsende Gemeinsamkeiten und ein riesengroßes Abendteuer. Und genau das ist es jeden Tag aufs Neue: Ein riesengroßes Familienabenteuer.

Mal sind die gemeinsamen Wochenenden laut, mal leise, mal turbulent, mal voller Streit. Mal verschwinden die Jungs zusammen in einem Zimmer, die Mädchen in einem anderen und alle kommen erst zum Abendessen aus ihrem selbstgebauten Höhlen oder vom intensiven Lego-Spielen wieder hervor. Mal ist es leise, weil jeder lieber für sich spielt und sich einzeln zurück zieht, mal unternehmen wir etwas – in zwei Dreierteams oder zu viert, zu zweit, zu sechst.

Patchwork. Das ist Abenteuer, Arbeit und manchmal einfach nur anstrengend. So, wie es jede Beziehung, jedes Lebensmodell ist. Es ist lebendig und steht selten still.

Wir erleben alles mal sechs. Sechsmal Angst, sechsmal Neugier, sechsmal den Wunsch nach „Gesehen werden“ und Anerkennung. Sechsmal unterschiedliche Essenswünsche an unserem großen Tisch.

Patchwork, da gibt es kein perfekt, da gibt es kein richtig oder falsch, aber ganz viel Kompromiss, Zuversicht, Freiraum und Liebe! Und genau das sollte Familie sein, egal in welcher Konstellation!

Die Autorin

Antonia ist seit vier Jahren alleinerziehende Mama von zwei Kids im Alter von 9 und 6 Jahren. Durch ihre neue Partnerschaft ist sie seit drei Jahren on top Bonusmama und lebt jedes zweite Wochenende in einer Pachtwork-Familie.

Vom Alltag mit ihren Kindern und den Bonuskindern, wie es ist in Vollzeit zu arbeiten, von einer großen Portion Alltagsminimalismus und natürlich von ihren Erfahrungen in eine neue Beziehung zu starten, erzählt Antonia täglich auf Instagram

Von Antonia

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Die Abbildung blinkender Fäuste mit der Aufschrift "Mom-Power"